Pressebericht 

Eine Minute dauert es, wenn man sich im Internet auf der Seite  https://ortsumgehung.uw-oberkotzau.de/ den Verlauf der geplanten Ortsumgehung Oberkotzau ansieht. Zwei Stunden dauert es, wenn man sich vor Ort einen kleinen Einblick verschafft in diese Baumaßnahme, Monate würde es dauern, sich in die Materie und ihre Geschichte mit allen Aspekten einzuarbeiten. Wenn damit jemand beruflich zu tun hat, ist er gut beschäftigt. Wer das ehrenamtlich tut, weil es ihn umtreibt, der ist zu bewundern. 

In Oberkotzau gibt es solche Menschen. Christian Feller, Wolfgang Peukes, Erik Winterling und Simon Hennig sind vier  von ihnen, und sie gingen am vergangenen Samstag mit den Kreisräten der Bündnisgrünen über die Oberkotzauer Fluren, um den besagten „kleinen Einblick“ zu vermitteln. „Das Projekt sollte nochmals gründlich infrage gestellt werden,“ war die einhellige Meinung der Gruppe nach den besagten zwei Stunden. „Eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten rigoros verändert,“ meinte Mirjam Kühne, die Fraktionssprecherin der grünen Kreistagsfraktion. „Allein der Klimawandel, die Mobilitätswende, Flächenversiegelung, Wasserknappheit, Änderung des Konsumverhaltens, mehr Bedarf an Naherholungsmöglichkeiten und die finanziellen und ökologischen Folgen der Coronakrise sind nur einige wenige Stichworte.“ Swanti Bräsecke-Bartsch, die sich der Gruppe als Mitglied des Landesbundes für Vogelschutz angeschlossen hatte, verwies darauf, dass mit dem Bund Naturschutz ein großer Umweltverband bereits vor Jahren gegen die Planung der Oberkotzauer Umfahrung geklagt habe. Heute sei zu beobachten, dass die politischen Entscheidungsträger sich nicht mehr einig seien. „Eben weil so lange geplant wurde, muss grundsätzlich die Sinnhaftigkeit überprüft werden,“ meint Bräsecke Bartsch. 
 
Aus den offiziellen Unterlagen geht folgendes hervor:  Der Flächenverbrauch von 26,7 Hektar führt zu einer einschneidenden Umgestaltung der Landschaft . Sieben Brücken werden für die neue Straße gebaut, dazu kommen Böschungen mit bis zu 15 Metern Höhe und andererseits neue Täler mit einer fast ebensolchen Tiefe. Und nicht nur die Landschaft wird sich verändern: auch die Wasserläufe, auch das Grundwasseraufkommen, auch die bisherigen landwirtschaftlichen Flächen und Wege werden massiv beeinträchtigt, und das nicht nur durch die neue Straße selbst, sondern auch durch die Flächen, die im Zuge der Baumaßnahmen als Abstellplatz oder Lagerstätte, als Parkplatz oder Ausweichstrecke verbraucht werden. Lärm und Schadstoffbelastung werden zunehmen und weit höhere Dimensionen erreichen als jetzt in Oberkotzau messbar ist. Mit weißen Schildern versuchen die Gegner dieser Umgehungstraße die Spaziergänger rund um Oberkotzau zu informieren. „Hier verläuft die geplante Umgehung,“ ist da zu lesen, „Sie stehen hier am Porschnitzweg direkt auf der zukünftigen Umgehung. Der Asphalt befindet sich aber ca. 12 Meter unter Ihren Füßen. Der Weg, den Sie gerade entlanggehen, wird hier unterbrochen werden….“  
„Die Ausmaße des Bauvorhabens sind immens,“ meint Kreisrätin Birgitt Lucas. 

„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten,“ diese Wahrheit gilt für jeden Straßenbau. Natürlich sehen die Umweltschützer auch die Situation im Markt Oberkotzau, aber mit der neuen Straße wird der Individualverkehr gefördert, nicht der Öffentliche Personennahverkehr, so die Schlussfolgerung. Außerdem bleibt der Innerortsverkehr trotz Umgehung überdurchschnittlich hoch, deshalb sollten die Steuergelder besser in die Umgestaltung und Sanierung der Ortsdurchfahrt investiert werden. Um die Situation an der Durchfahrtsstraße auch ohne Umgehung zu verbessern, stehen mehrere Vorschläge für die Verkehrsberuhigung im Ort im Raum: Sanierung der vorhandenen Straße mit Flüsterasphalt, Tempobeschränkung innerorts auf 30 Kilometer pro Stunde, Einbau von Bedarfsampeln oder Kreisverkehren, Schulweghelfer zum Schutz der Kinder, Wiederansiedelung einer Nahversorgung im Süden des Ortes, Radweganbindungen für innerörtlichen Radverkehr bis hin zum Lärmschutz an der Eisenbahnlinie. Aufgrund von offiziellen Verkehrszählungen steht zudem fest, dass ein hoher Grad an Quell- und Zielverkehr im Ort bleibt . 

„Die Kosten für das Bauwerk werden sich vervielfachen,“ diese Vorhersage von Kreisrätin Nanne Wienands überraschte einige der Teilnehmer an der Begehung. „Jeder öffentliche Bau, der heute beginnt, kann sich von der Kostenseite her rasch vervielfachen,“ meint sie. „Noch kein Bau ist wegen Kostensteigerungen eingestellt worden. Und die wirtschaftliche Situation wird sich vermutlich ändern. Alle diese sachlichen Vorschläge, die die Verhinderung der Ortsumfahrung zum Ziel haben und sich um die innerörtliche Verbesserungsmaßnahmen bemühen, sind nicht nur ökologisch, sondern vor allem wirtschaftlich gesehen viel günstiger als diese neue Straße.“